Von Eschborn bis zum Bodensee

Frankfurt – Weinheim – Ettlingen – Freudenstadt – Tuttlingen – Bregenz

Von Eschborn nach Weinheim – endlich geht’s los!

Jede lange Reise beginnt mit dem ersten Schritt und der ist gemacht! Nachdem wir uns von Sohn Paul verabschiedet und Hund Rocky die Sicherung des Hauses übertragen haben, geht’s ab auf die Räder und durch uns gut bekanntes Terrain. An Nidda und Main sind wir schon unzählige Male unterwegs gewesen, so dass es uns noch garnicht so richtig bewusst wird, auf einer langen Urlaubsreise unterwegs zu sein. 

Nach ca. 20 km erreichen wir den Flughafen und fahren entlang der Startbahn West weiter Richtung Süden. Neben uns startet ein Jet der Alitalia und würden wir jetzt das Verkehrsmittel wechseln, könnten wir in 2 Stunden am Ziel sein. So werden wir wohl noch gut 3 Wochen brauchen. Aber wir haben es ja so gewollt, obwohl die anschließenden Kilometer eher unter die Kategorie „da muss man durch“ fallen. Epische landwirtschaftliche  Flächen, durchkreuzt von Autobahnen, Schnellstraßen und Hochspannungsleitungen. 

In heimischen Gefilden: An der Mainfähre in Frankfurt Höchst

Das ändert sich erst, als wir nach etwa 50km die Bergstraße erreichen und vermehrt Weinhänge das Bild prägen. In Bensheim beginnt es ein wenig zu schauern – Zeit für einen kleinen Einkehrschwung. Frisch gestärkt mit Cappuccino und Käsekuchen reißen wir dann die letzten 20 km bis zu unserem heutigen Ziel ab und freuen uns auf unser hübsches Hotel mitten in der Weinheimer Altstadt und ein deftiges Abendessen.

Von Weinheim nach Ettlingen durch den Oberrheingraben

Ohne Frühstück geht es um 8:30 auf die Räder. Bei schönem Wetter fahren wir gerne direkt los, kaufen uns unterwegs etwas und frühstücken an einem schönen Fleckchen. Die Beine sind schwer, der gestrige Tag hat Spuren hinterlassen. Frisch fühlt sich anders an. Vielleicht sind wir auch einfach die Hitze noch nicht gewohnt. 

Entlang schöner Weinhänge geht es weiter Richtung Süden, in der Ferne sieht man Mannheim und Ludwigshafen. Schon bald erreichen wir Heidelberg, erfreuen uns an dem Blick auf Schloss und Altstadt und anschließend weniger an den öden Ausfallstraßen, die wir auf unser Route passieren müssen. Überhaupt gibt es auf der Tour sicher schönere Ecken. Man merkt, dass der Oberrheingraben dicht besiedelt ist und sich durch die Topographie hier auch viel Infrastruktur konzentriert. Autobahnen und Hochspannungstrassen sind allgegenwärtig. 

Das Bild ändert sich, als wir auf Karlsruhe zufahren. Das barocke Karlsruher Schloss wurde in der Zeit des Absolutismus gebaut, als die Adligen sich für den Nabel der Welt hielten. Dementsprechend liefen alle Straßen der Umgebung sternförmig auf den Herrschersitz zu. Ganze 15 km radeln wir auf dem Waldweg schnurgerade auf das Schloss zu. Der Flow (der Eiscafe bei der letzten Rast hat wahre Wunder bewirkt) wird nur unterbrochen, als eine große Rotte Wildschweine unseren Weg kreuzt. 

Am Schlosscafe wird nochmal  aufgetankt, bevor wir uns auf die letzten km zu unserem Hotel in Ettlingen begeben. Jetzt sind die Flachetappen erstmal vorbei. Morgen stehen auf unserem Weg in den Schwarzwald über 1000 Höhenmeter an. Wird sicher hart, aber wir freuen uns schon sehr darauf!

Die erste Panne auf dem Weg von Ettlingen nach Freudenstadt

Was für ein Tag! Von Ettlingen geht’s in stetem Auf und Ab durch die Vorläufer des Schwarzwalds. Die Landschaft und die schöne Aussicht machen richtig Laune, kein Vergleich mit den oft doch eher eintönigen Wegen der letzten Tage. Nach einer knappen Stunde Fahrzeit erreichen wir die Murg, die uns von nun an bis zum heutigen Etappenziel begleiten wird. 

Die „Tour de Murg“ wird in Reiseführern als wunderschöne Radtour beschrieben, die einfach zu befahren ist, weil es fast nur bergab geht. Wunderschön ist sie allemal, aber einfach zu befahren nur, wenn man von oben nach unten fährt. Wir müssen leider hoch, da kommen heute gut 1000 Höhenmeter zusammen und die Hitze tut ihr Übriges, um uns den Stecker zu ziehen. Es ist eine echte Quälerei, aber die Strecke, die mit jedem Höhenmeter schöner wird, entschädigt für vieles. Trotzdem bin ich heilfroh, dass Kerstin nach 60 km in Baiersbrunn einen netten Biergarten direkt am Mühlbach findet. So können die Energietanks wieder ein wenig ausgefüllt werden, bevor es auf die Schlussetappe geht. 

Keine 10km sind es mehr, allerdings noch 250 HM. Noch einmal die Backen zusammenkneifen und durch! Dann, nach wenigen km, rumpelt es unter den zusammengekniffenen Backen. Ein ungutes Gefühl, das nach einem kurzen Blick nach unten bestätigt wird: nicht nur ich bin platt, der Reifen ist es auch! 

Das Hinterrad auszubauen und den Schlauch zu wechseln erscheint mir jetzt als Horrorvorstellung. Wir versuchen es mit Dichtmilch, die wir durch das abgeschraubte Ventil in den Reifen einfüllen. Es hält nicht gleich, wir müssen immer wieder pumpen, aber irgendwann, nachdem sich die Plörre verteilt hat, klappt es dann doch. 

Am Ende der Tour müssen wir noch einen 15-Prozenter hoch. Im Hotel ist der Aufzug ausgefallen und die Fahrradplätze im EG sind belegt. Mein Rädchen und Kerstins 30kg E-Bike schleppen wir in das erste OG, unser Gepäck ins 4. Ich glaube, unser Abendessen haben wir uns heute redlich verdient  😉

Durch den Schwarzwald von Freudenstadt  nach Tuttlingen

Am nächsten Morgen geht der erste Weg zum Fahrrad: Der Reifen hat die Luft gehalten, so dass einem entspannten Frühstück nichts entgegensteht. Knapp 80 km und gut 800 HM quer durch den Schwarzwald stehen an, da tut eine solide Grundlage schon gut.

Es ist frisch, als wir losfahren. Man spürt, dass wir uns auf 800m Höhe bewegen. Das leichte Frösteln nehmen wir gerne in Kauf, wohl wissend, dass wir im Laufe des Tages noch oft genug ins Schwitzen kommen werden. 

Die Strecke begeistert uns von Anfang an. Einsame Schotterwege durch dunkle Tannenwälder, so haben wir uns den Schwarzwald vorgestellt. Dazwischen immer wieder freie Felder mit einem super Panorama. Die Luft, die Temperatur, Landschaft, Ausblick… alles ist besser als unten im Tal! Obwohl es ständig hoch und runter geht, finde ich schnell meinen Rhythmus, ganz anders als die Tage zuvor. Alles passt irgendwie zusammen, der Flow ist da!

Nach etwa 50 km erreichen wir Rottweil und sind überrascht, wie pittoresk und anheimelnd dieser Ort ist. Ich musste bisher bei dem Ortsnamen immer an schlechtgelaunte Riesenhunde denken.

Auf den letzten Kilometern nochmal die obligatorische Einkehr – diesmal in einer Eisdiele – und dann an der jungen Donau entlang die Einfahrt nach Tuttlingen. So sieht ein perfekter Radtag aus!

Von Tuttlingen  nach Meersburg – wir erreichen den Bodensee

Der Radtag startet mit einem Defekt. Meine Nabenschaltung dreht frei. Zum Glück hat sich nur eine Schraube gelöst und wir können den Defekt schnell beheben. Das ist auch gut so, denn gleich nach dem ersten Km geht es auf eine Steigung, die es in sich hat. 15% zeigt das Straßenschild an, teilweise über 20% der Bike-Computer. Und die will und will kein Ende nehmen. 

Oben angekommen, wissen wir, dass sich die Strapazen gelohnt haben. Der Ausblick ist phänomenal und obwohl wir erst 6 km gefahren sind, können wir zum ersten Mal unser heutiges Ziel, den Bodensee erspähen. Was dann auf den nächsten 10-15km kommt, gehört sicher zu den schönsten Streckenabschnitten, die wir bisher befahren haben. Durch offenes Feld auf asphaltierten, fast menschenleeren Straßen und Wegen geht es endlos bergab. Nach einer anschließenden Flachetappe erreichen wir bei km 35 den Bodensee nahe Ludwigshafen. Am Strand breiten wir die kleine Picknickdecke aus, machen eine Pause und kühlen die Füße im See.

An dessen Ufer radeln wir südostwärts, bis uns die nächste Panne heimsucht. Diesmal ist Kerstins Rad platt, aber ruckzuck ist das Hinterrad ausgebaut und der Schlauch gewechselt, so dass die Urlaubslaune in keinster Weise beeinträchtigt wird. Im weiteren Verlauf füllt sich der Bodensee Radweg immer mehr.

Zum Teil stresst es und man kommt nur langsam voran. Das wussten wir schon vorher. Nicht zuletzt durch meine Zeit als Fahrradreiseleiter in den 80ern kenne ich die Ecke recht gut und weiß, dass es Richtung Lindau und Bregenz eher noch schlimmer wird. Deshalb steigen wir in Meersburg aufs Schiff und legen die letzten Kilometer bis zum Bregenzer Hafen entspannt auf dem Wasser zurück. Von dort sind es nur noch wenige Kilometer bis zu unserem Hotel.