Thailand Segeltörn 2024

Einleitung: Von der Radreise zum Segelabenteuer

Normalerweise sind Kerstin und ich ja am liebsten mit dem Rad unterwegs, um Europa zu erkunden. Nun stand unsere Silberhochzeit an und wir planten einen Urlaub, auch weil wir eine Hochzeitsreise damals nicht unternommen hatten. Aber eine Radreise im November? Da erreichte uns die Nachricht von unseren Freunden Christine und Norbert, dass sie mit 2 anderen Paaren einen Segeltörn in Thailand unternehmen wollten. Das Boot hätte Platz für 8 Personen und sie suchten noch 2 weitere “Crewmitglieder”. Wir mussten nicht lange überlegen, denn das wäre wirklich eine ganz besondere Silberhochzeitsreise. 

Planung und erste Begegnung mit der Crew

Schon bei dem ersten Kennenlern-Treffen mit unserem Skipper Jörg, seiner Frau Angela und den beiden anderen Mitseglern Thomas und Claudia hatten wir das Gefühl, dass “die Chemie stimmt”, was ja alles andere als ein unwesentlicher Faktor ist, wenn man eine Woche auf engstem Raum zusammen verbringen will. Auch als sich herausstellte, dass Kerstin und ich die einzigen gänzlich ohne Segel-Erfahrung waren, tat das der Vorfreude keinen Abbruch.

Unser Segelareal
Ankunft in Thailand: Partymeile auf Patong

So kam es, dass wir an einem Freitag Morgen Mitte November nach etwa 11 Stunden Flug ziemlich geschafft am Flughafen in Phuket ankamen, von wo aus wir mit dem Taxi noch über eine Stunde bis zu unserem Hotel in Patong fuhren. Christine und Norbert erwarteten uns bereits im Hotel. Mit ihnen stürzten wir uns am Nachmittag in das Gewimmel von Patong Beach . 

Party-Meile in Patong Beach. Hier gibt’s alles, auch „Massage with Happy End“ 😉

Dort lernten wir Thailand von einer ganz neuen Seite kennen. Wir lieben dieses Land und waren in der Vergangenheit überwiegend auf idyllischen kleinen Inseln und im Dschungel Nordthailands unterwegs. Was wir in Patong erlebten, war das absolute Kontrastprogramm und der Trubel ließ vermutlich jede Partymeile auf Malle blass aussehen. Dass Frauen jeglichen Alters  vor ihren Läden stehen, “Massage!” rufen und so ihre durchaus seriösen Wellnessdienste anbieten, ist überall dort, wo es in Thailand Touristen hinzieht, durchaus üblich. Neu war für mich allerdings “Massage with Happy End!”, das als Angebot ganz unverblümt ausgerufen wurde. Um zu erraten, was damit gemeint sein könnte, musste man(n) seine Phantasie kaum überstrapazieren. Dementsprechend waren alleinreisende Männer fortgeschrittenen Alters mit mehr oder weniger erhöhtem Body-Maß-Index hier auch überproportional stark vertreten.

Kontrastprogramm Lichterfest: Sorgen, Ängste und Nöte werden auf Zettel geschrieben und vom Wasser davongetragen…
Kontrastprogramm thailändisches Lichterfest

Ein ganz anderes Bild ergab sich allerdings, als wir nach Einbruch der Dunkelheit den Strand erreichten. Auch dort war eine Menge los, die Stimmung aber ganz anders. Wir hatten das Glück, just zum thailändischen Lichterfest dort anzukommen. An diesem Tag packen die Menschen all ihre Sorgen, Ängste und Nöte auf kleine gebastelte Bötchen und lassen sie vom Wasser davon tragen. Oder sie schicken sie mit bunten Himmelslaternen auf die Reise.

…oder man lässt sie mit Himmelslaternen aufsteigen.

Um eine zu große Vermüllung des Meeres zu vermeiden, wurden große Wasserbecken am Strand eingerichtet. Wo all die Überbleibsel der tausenden Kong-Ming-Laternen runtergehen, sollte man wohl besser verdrängen, wenn man dieses einzigartige Erlebnis und die romantische Stimmung genießen will.

Treffen im Yachthafen und Vorbereitungen für die große Tour

Nach einer Nacht, in der wir viel Schlaf nachzuholen hatten und ausgiebigen Frühstück ging es am nächsten Tag mit dem Taxi quer über die Insel Phuket zum Yachthafen. Dort war nicht nur der Treffpunkt mit unserer Crew, Skipper Jörg, seiner Frau Angela sowie Thomas und Claudia, sondern auch mit den Besatzungen weiterer Boote. Wir waren in einer Flottille von 8 Katamaranen unterwegs, die gesamte Tour wurde von der Segelschule Dreiländereck organisiert. Um es vorwegzunehmen: Unterwegs hatten wir nur wenig Kontakt zu den anderen, trotzdem hatte es ja etwas Beruhigendes zu wissen, dass im Notfall Boote in der Nähe sind, die man über Funk erreichen kann.  

Der Yachthafen Marina in Phuket…
… bei Sonnenuntergang

An Lossegeln war aber noch lange nicht zu denken, denn zuvor gab es noch einiges zu erledigen. Jörg und Norbert ließen sich auf dem Katamaran einweisen, was eine hochkomplexe Angelegenheit ist. Das Boot war vollgestopft mit Technik. Ob maschinelles Anker- und Segelsetzen, Bordcomputer, Klimaanlage, Wasseraufbereitung und, und, und…alles wollte erklärt sein. Treten dabei noch technische Probleme auf – in unserem Fall sprang zum Beispiel der Motor des Beibootes nicht an – nimmt so eine Einweisung einige Stunden in Anspruch. 

Unser neues Zuhause: eine Lagoon 42

Währenddessen waren die anderen Crewmitglieder auch nicht faul. Schließlich galt es, die Versorgung für eine Woche sicherzustellen, denn wir wussten, dass es unterwegs nur selten die Möglichkeit geben würde, Lebensmittel nach zu kaufen. Auf der gesamten Tour war keine weitere Übernachtung in einem Hafen vorgesehen, sondern wir wollten immer mit Abstand vor den Inseln ankern, verbunden mit entsprechender Wassertiefe. Wenn überhaupt Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe vorhanden waren, dann musste man sie mit dem Dinky, einem Schlauchboot mit Außenborder, ansteuern. Mal eben zum Einkauf um die Ecke läuft bei so einer Tour nicht. Also war zunächst mal Großeinkauf angesagt – von Klopapier bis Dosenbier. Die Nahrungsmittelliste hatte Kerstin wesentlich mitbestimmt, denn sie war es, die während der gesamten Woche die Rolle des Smutje übernehmen sollte und das als Hobbyköchin auch gerne tat.

Unser neues Zuhause: Der Katamaran Lagoon 42

Einkauf und Gepäck wurden mit Mopeds mit Beiwagen zum Boot transportiert, wo Jörg und Norbert schon auf uns warteten. Dann kam der große Moment und wir bezogen unser neues Heim. Das Boot war eine  Lagoon 42. Ein Katamaran, der in seinen beiden Rümpfen 4 Schlafkabinen mit Doppelbett beherbergt, jede Kabine mit eigener Toilette. Die Platzverhältnisse unter Deck muss man sich wie in einem kleinen Wohnmobil vorstellen. Alles eng, aber zweckmäßig und praktisch.

Hier spielt sich das Leben ab: Brücke und überdachter Außenbereich mit Tisch und Sitzgruppe

Anders die Platzverhältnisse auf dem Deck. Da gab es viele “luftige” Möglichkeiten, die Sonne zu genießen und zu verweilen. Eines der Highlights war sicherlich eine Art gespanntes “Netz” zwischen beiden Rümpfen am Bug, auf dem man herrlich liegen konnte.

Über sich das Segel und der blaue Himmel und unter sich das Rauschen des Meeres. Am Heck eine große überdachte Sitzecke mit einem Tisch in der Mitte, an dem auch alle Platz fanden. Bei Regen konnte man diesen Bereich mit seitlichen Planen abschirmen, so dass man einigermaßen geschützt war. Und falls man dennoch ein wenig nass wurde, war das kein Drama. Selbst nachts blieben die Temperaturen bei über 26 Grad, so dass einem ein paar Spritzer nichts ausmachten.

Drinnen auf dem Deck die Küche, ebenfalls mit Sitzgelegenheiten, und das Funkgerät. Versetzt eine Ebene höher, die Brücke mit großem Steuerrad, Display, und allen Geräten, die man zum Steuern des Bootes braucht.

So mit unserem neuen Heim vertraut gemacht, verbrachten wir unsere erste Nacht an Bord, allerdings noch im Hafen von Phuket mit entsprechender Infrastruktur. Bars, kleine Restaurants in der Nähe und großzügige Sanitäranlagen. In den darauf folgenden Tagen sollten wir diesbezüglich wohl Abstriche machen. 

Morgendliche Aussicht aus der Kabine.
Endlich: Die Tour beginnt!

Am nächsten Morgen war die Anspannung spürbar, insbesondere bei unserem Skipper Jörg, der sich seiner Aufgabe sehr gewissenhaft widmete. Die Technik klappte noch nicht in allen Fällen so, wie sie sollte, so dass noch einmal Mechaniker zum Einsatz kamen. Außerdem gab es kleinste Risse im Segel, die noch schnell getaped werden mussten. Dann ging es endlich los. Ähnlich wie ein Lotse die großen Schiffe durch die ihm bekannten Hafengewässer steuert, manövrierte auch bei uns ein Mitarbeiter des Yachthafens durch das enge Gelände. Nach wenigen Minuten und das offene Meer vor Augen übernahm Jörg das Steuer. Segeln war allerdings noch nicht angesagt. Kein Lüftchen wehte, so dass der Dieselmotor uns voran brachte.

Los geht’s Richtung Norden zum Phang Nga Nationalpark
James Bond lässt grüßen: Im Nationalpark Ko Phang Nga

Wir verließen die Bucht des Yachthafens und drehten auf Nord. Unser Ziel war der Nationalpark Ko Phang Nga, bekannt geworden durch den James Bond Film “Der Mann mit dem goldenen Colt”. Schon bald tat sich die dort charakteristische Landschaft vor uns auf: Steile, üppig bewucherte Kalkfelsen, die senkrecht aus dem Meer ragen. Inmitten dieser herrlichen Landschaft gingen wir nach wenigen Stunden Fahrt zum ersten Mal vor Anker. Zeit für eine Badepause.

Im Nationalpark

Das Meer sah ganz ruhig und friedlich aus, doch schon beim Anker setzen bemerkten wir die starke Strömung und beim Baden musste man sich schon anstrengen, um nicht vom Boot weggetrieben zu werden. Erleichtert wurde das Planschen, indem wir den Rettungsring an einer langen Leine ins Wasser warfen und so eine Art Insel schufen, an der man entspannt verweilen konnte.

Badepause bei starker Strömung
Untiefen machen die Fahrt spannend

Die Weiterfahrt durch dieses Paradies gestaltete sich recht schwierig. Überall gab es Untiefen und Jörg musste höllisch aufpassen, dass wir nicht aufsetzten. Nur die Seekarten und der Tiefenmesser gaben uns diese Information. Mit bloßem Auge war davon überhaupt nichts zu sehen. Die Lagoon hat einen Tiefgang von 1,20 Metern und das Wasser war so mit Schwebstoffen aus den Flüssen der nahegelegenen Mündungsgebiete angereichert, dass die Sicht nur für wenige Zentimeter reichte. Als der Bordcomputer, der die Tiefe unter dem Boot anzeigt,  dann plötzlich auf “0” ging, war die Anspannung groß.

Sieht tief aus, ist es aber nicht!

Sofort wurde die Maschine gestoppt und beratschlagt, was zu tun sei. Spinnt der Tiefenmesser oder sind wir tatsächlich dabei aufzulaufen? Um das herauszufinden, gab es ein einfaches, altmodisch analoges Mittel: Reinspringen und nachschauen! Gesagt – getan. Als die Füße den Boden berührten, waren die nach oben ausgestreckten Fingerspitzen noch leicht unter Wasser. Ergo: gut 2 Meter Wassertiefe waren es wohl noch. Also wurde der Diesel wieder angeworfen und das Boot vorsichtig durch die seichten Gewässer gesteuert, bis bald wieder ordentlich Wasser unter den Rümpfen war und auch der Tiefenmesser klaglos seine Arbeit verrichtete. 

Ein Gewitter zur Silberhochzeit

Fernab von belebten Stränden gingen wir am Abend vor Anker. Um uns herum waren nur die kleinen, felsigen und unbewohnten Inseln des Nationalparks Ko Phang Nga, die nach Sonnenuntergang nur noch schemenhaft zu erkennen waren, da es nirgends künstliche Lichtquellen gab und die Sterne hinter den aufziehenden Wolken verschwanden.

Die erste Nacht auf See.

Bald darauf änderte sich das Bild. Ein schweres Gewitter zog auf, der Regen prasselte auf das Deck und mit jedem Blitz wurden die umliegenden Felsen in ein gespenstisches Licht getaucht. Doch so schnell wie das Gewitter kam, war es tropentypisch auch schon wieder verschwunden und wir konnten mit unserem Abendprogramm fortfahren.

Bei Gewitter schon etwas unheimlich: Blitze als einzige Lichtquelle.

Berauscht von den neuen Eindrücken des Tages hätten Kerstin und ich fast vergessen, dass wir Silberhochzeit hatten, wenn uns unsere Mitsegler nicht freundlich daran erinnert hätten. Christine und Norbert – die einzigen aus unserer Crew, die wir schon etwas länger kannten – hatten ein Spielchen für uns vorbereitet, bei dem es natürlich auch etwas zu gewinnen gab. Um es kurz zu machen: am Ende saßen wir ganz gerührt im Leichtmatrosen-Outfit da und waren stolze Besitzer eines Kompass, in den das Datum unserer Silberhochzeit eingraviert war!

Entspannt unter Segel

Von der Anspannung des ersten Tages ist am nächsten nichts mehr zu spüren. Alles schien schon so gut eingespielt, als wären wir schon tagelang zusammen unterwegs. Kerstin kümmerte sich um das Frühstück, andere holten den Anker ein, oder machten den Aufwasch. Es gab nicht viel zu tun, aber jeder half, wo er konnte und es brauchte keinen Einsatzplan dafür. Zum ersten Mal kam auch ein wenig Wind auf und wir konnten tatsächlich segeln. Das Setzen der Segel funktionierte mit maschineller Unterstützung, vorbei die Zeiten, in denen man es mühsam hissen musste. Bei uns stiegen lediglich 1-2 Leute auf das Deck und achteten darauf, dass sich nichts verheddert.

Segel setzen. Skipper Jörg an der elektrischen Winde. Kerstin und Thomas passen auf, dass das Segel sauber rausläuft.

Vor der Tour hatten unsere erfahrenen Segler schon erklärt, wie sehr sie hoffen, dass es genug Wind gibt. Mir war das zu diesem Zeitpunkt noch relativ egal. Wenn nicht, dann halt motorisiert… Kaum fuhren wir erstmals unter Segel, sah ich das anders. Segeln ist ungleich schöner als mit Motor unterwegs zu sein. Man hört nur den Wind und das Wasser und es fühlt sich an, als wäre man eins mit ihnen. Zudem sieht ein Boot auch gleich viel schöner aus, wenn die Segel gesetzt sind. Das weiße Tuch vor dem blauen Himmel bietet einfach einen herrlichen Anblick!  Einen schönen Nebeneffekt hatte das Ganze auch noch: die Chance, beim Herumlümmeln  auf dem Deck ein schattiges Plätzchen zu erwischen, steigt beträchtlich, wenn Großsegel und Fock aufgezogen sind.

Schattiges Plätzchen unterm Segel

Mit dem Dinky in die Lagune von Koh Hong

So erreichten wir gegen Mittag die kleine Insel Koh Hong, unter anderem berühmt für ihre pittoreske Lagune. In ihrer Nähe gingen wir vor Anker und aktivierten zum ersten Mal unser Dinky. Während Jörg für alle Fälle auf der Lagoon blieb, rückten die anderen 7 auf dem Beiboot eng zusammen und starteten Richtung Lagune. Auch wenn die Insel unbewohnt war, konnte von Einsamkeit allerdings keine Rede sein.

Mit dem Dinky zur Lagune von Koh Hong

Eine Menge laut knatternder Longboats brachten die Ausflügler von Touristenzentren in der Nähe hierher.

Wir sind nicht alleine. Longboats als Ausflugsboote für die Touristen.
Blick aus der Lagune

So blieb es auch für uns bei einem kurzen Trip und wir kehrten schnell zu unserem Boot zurück, um weiter zum Railey-Beach zu schippern, wo wir rechtzeitig vor Sonnenuntergang noch eine Badepause einlegten. Unseren Übernachtungsplatz fanden wir in der Bucht von Ao Nang. 

Badepause am Railey Beach.
Ein unfreiwilliges Bad vor Ao Nang

Ao Nang ist ein Urlaubsort in der südthailändischen Provinz Krabi. Gleich hinter der quirligen Uferpromenade lag ein großer Nachtmarkt mit vielen kulinarischen Highlights und Einkaufsmöglichkeiten. So kamen wir schnell überein, an diesem Abend nicht auf dem Boot zu essen, sondern uns gemeinsam ins Gewimmel zu stürzen. Mit allen 8 Leuten  ging es in der Dunkelheit mit dem Dinky Richtung hell erleuchteter Strandpromenade. 

Normalerweise kümmert sich Kerstin um das Essen. Aber heute soll es einen gemeinsamen Ausflug nach Ao Nang geben.

Auch mit dem Beiboot konnte man nicht wirklich bis zum Strand fahren, da sich ansonsten der Außenborder im seichten Wasser  in den Sand gewühlt hätte. Der musste rechtzeitig hochgeklappt werden, während ich aus dem Boot sprang, um es die letzten Meter an das Ufer zu ziehen. Dabei habe ich mich wohl nicht besonders geschickt angestellt, jedenfalls gelang es mir nicht, das Boot in der Spur zu halten. Es drehte sich zur Seite und gerade als Angela aufgestanden war, um sich zum Aussteigen fertig zu machen, wurde es von einer Welle erfasst, so dass sie im hohen Bogen ins Wasser segelte. Alle Klamotten klatschnass! Was nun? Angela nahm es locker. Ruckzuck wurde auf dem nahegelegenen Nachtmarkt für wenige Bath ein neues Strandkleid gekauft, die Toilette als Umkleidekabine benutzt und schon stand dem gemeinsamen Bummel und Abendessen nichts mehr im Weg.

Ein kleines Abenteuer: Zum ersten Mal am Steuer!

Die Infrastruktur Ao Nangs nutzten wir am nächsten Morgen noch einmal für Be- und Ensorgungen. Mittlerweile hatten sich in der Kombüse des Bootes zahlreiche Müllsäcke angesammelt, bei 8 Personen, die sich dort fast 24 Stunden am Tag aufhielten, auch kein Wunder. So wurde das Dinky flugs zum Mülltransporter umfunktioniert, um den Unrat auf die öffentlichen Tonnen der Stadt zu verteilen.

Macht Spaß! Nach Einweisung durch die erfahrenen Mitsegler darf ich auch das Steuer übernehmen 🙂

Und wo wir schon mal dort waren, lag es auch nahe, die Bestände an frischen Nahrungsmitteln wie Obst und Gemüse aufzufüllen. Gerne hätte ich auch noch für Dosenbier-Nachschub gesorgt, aber überraschenderweise kann man Alkohol in Thailand nur zwischen 11:00 und 14:00 Uhr sowie nach 17:00 erwerben. Offene Cannabis-Shops findet man hingegen an jeder Straßenecke…

Zurück von unserer Einkaufstour widmete sich Kerstin gleich dem Backen von Frühstücks- Pancakes, während die anderen den Katamaran abfahrbereit machten. Wir änderten die Richtung und unter Segel ging es nun nach Süden.

Für mich war es ein besonderer Tag, denn erstmals konnte ich über längere Strecken das Steuer übernehmen, nachdem mich Norbert und Jörg ein wenig eingewiesen hatten. Auf offener und ruhiger See ist das Ganze kein Hexenwerk, der Autopilot hätte das vermutlich auch gekonnt, bis auf das Ausweichen bei Gegenverkehr. Spaß machte es trotzdem!

An einer kleinen, einsamen und namenlosen Insel machten wir eine Pause zum Schnorcheln, bevor es weiter nach Ko Phi Phi ging, der vermutlich bekanntesten Insel in der südlichen Andamanensee. Seitdem dort 1999 der Film “The Beach” mit Leonardo di Caprio und Tilda Swinton gedreht wurde, haben sich zumindest Teile der Nordinsel Kho Phi Phi Don in einen Rummelplatz vorwiegend für junge Leute entwickelt. 

Ankunft in Ko Phi Phi – Ein Rummelplatz mit Filmgeschichte

In der Bucht von Ton Sai ankerten wir und brauchten dafür mehrere Versuche, da Jörg sehr skeptisch war, ob der Anker das Boot hielt. Anschließend brachen wir zu viert auf, um im Ort für Getränkenachschub zu sorgen. 

Eine Menge los in Ko Phi Phi!

Als wir mit dem Dinky das Ufer erreichten, war das Gewusel noch viel schlimmer als erwartet. Aus den Lautsprechern an der vollen Strandpromenade dröhnte laute Musik, an dem langen Pier lag Longboat an Longboat und es gelang nur mit Mühe, einen “Parkplatz” zu finden. Da uns gleich zwei Russen warnten, wir könnten dort nicht bleiben, da alle Plätze für die einheimischen Longboats reserviert seien und deren Besitzer in dieser Hinsicht keinen Spaß verstünden, beschlossen wir, dass nur Claudia und ich auf Einkaufstour gingen. Norbert und Thomas blieben für alle Fälle beim Boot und es dauerte wohl auch nicht lange, bis sie von ihrem Liegeplatz verscheucht wurden.

Die Freude über den ergatterten Liegeplatz währt nur kurz!

Als Claudia und ich voll beladen zurückkamen, dümpelten sie in zweiter Reihe hin und her, so wie man im Frankfurter Nordend um den Block fährt, wenn man keinen Parkplatz findet. Wie nun mit dem Gepäck das Boot erreichen? Mir fiel das nicht besonders schwer, war ich doch seit Beginn der Tour eh nur noch in T-Shirt und Badeshorts unterwegs. Claudia war allerdings schon im Strandkleid – “Abendgarderobe” sozusagen. Von daher zögerte ich zunächst ein wenig, den engen Weg zwischen den Longboats durch das brusttiefe Wasser zu suchen. Claudia nicht. Lachend schritt sie voran, sichtlich bemüht, wenigstens die Handtasche mit Handy, Portemonnaie usw. noch über der Wasseroberfläche zu halten. Zimperlich sollte man bei so einer Tour nicht sein…

Landunter in der Kajüte und eine wenig romantische Nacht auf Deck

Etwas gestresst kamen wir wieder an unserem schwimmenden Heim an, glücklich, dem Rummel an Land entflohen zu sein. Dort erwartete mich allerdings die nächste unangenehme Überraschung. Wir hatten am Morgen die Luke unserer Kajüte nicht verschlossen. Zwar war die See an dem Tag sehr ruhig, doch hatte vermutlich der Begegnungsverkehr mit einem größeren Passagierschiff und der damit verbundenen Wellenbildung dafür gesorgt, dass ordentlich Wasser in die Kajüte eingedrungen war. Klamotten, Matratze, Matratzenschoner, Laken, Decke… Wir mussten alles aus der Kajüte räumen, um es an Deck trocknen zu lassen – bei fast 90% Luftfeuchtigkeit ein schwieriges Unterfangen. Eigentlich hatten wir die Getränke vor allem deshalb geholt, weil wir an dem Abend unsere Silberhochzeit nachfeiern wollten, aber zum Feiern war uns jetzt nicht mehr zumute. 

Abendstimmung auf der Lagoon

Da unsere Kajüte unbewohnbar war, schnappten Kerstin und ich uns ein paar Sitzkissen und richteten unser Nachtlager auf dem Netz am Bug zwischen den Rümpfen des Katamarans ein. Über uns der Sternenhimmel und unter uns das Plätschern des Meeres. Dass dennoch keine romantische Stimmung aufkommen wollte, lag zum einen daran, dass man aus der Ferne das Dröhnen der Lautsprecher von der Disco-Meile in Ton Sai hörte und zum anderen einzelne Schauer für die Nacht vorhergesagt waren. Wenn die eintreten würden, müssten wir nicht nur uns selbst, sondern all das, was wir zum Trocknen auf dem Deck verteilt hatten, möglichst schnell in Sicherheit bringen. 

Wir müssen heute draußen schlafen. Sieht romantischer aus, als es ist.

Gerade als wir trotz der Anspannung dabei waren einzuschlafen, tauchte Jörg vor uns auf. Er hatte auf seiner App festgestellt, dass sich unsere Lagoon mehr als vertretbar bewegte und der Anker offensichtlich keinen Halt bot. Da einige Klippen in der Nähe unseres Ankerplatzes waren, musste gehandelt werden: Anker hissen, Diesel starten und einen besseren Platz suchen, was schließlich auch gelang.

„The Beach“ und kleine Haie

Am Morgen danach sah die Welt schon wieder deutlich besser aus. In der Nacht war es trocken geblieben, jetzt schien die Sonne und es war absehbar, dass sie zusammen mit dem Fahrtwind schnell die Restfeuchte aus den Matratzen treiben würde. So schipperten wir gemütlich weiter Richtung Koh Phi Phi Leh, der unbewohnten Südinsel der kleinen Inselgruppe. Dort liegt die legendäre Maya-Bay, wo der Hollywoodstreifen “The Beach” gedreht wurde.

„The Beach“. Filmkulisse für Leonardo di Caprio und Tilda Swinton.

Ich war schon mehrmals in Thailand und kenne eine Vielzahl von idyllischen Stränden an kleinen Inseln, die von ihrer Schönheit mit der Maya-Bay locker mithalten können. Umso unverständlicher, dass sich an diesem Hotspot bereits am frühen Vormittag hunderte Menschen tummelten. Sie wurden von Ausflugsbooten zu einer in der Nähe liegenden Anlegestelle gebracht. Dort sind umgerechnet 10€ Eintritt fällig und man darf bis zur Bucht laufen. Baden ist dort verboten, ebenso das Befahren der Bucht mit Booten. Alles aus Sicht der thailändischen Behörden eine notwendige Reaktion auf den Overtourism.

Wir schauen uns das Gewimmel aus der Entfernung an. Es gibt wirklich ruhigere und schönere Ecken in dieser Gegend!

Wir bekamen wenig von dem Rummel mit und segelten gemütlich an der Bucht vorbei. Statt uns dem hektischen Treiben auszusetzen, ankerten wir lieber vor einer unzugänglichen Steilküste. Während fast alle anderen sich die Schnorchelausrüstung schnappen, um auf Erkundungstour zu gehen, blieb ich – noch etwas müde von der unruhigen Nacht – an Bord. Ein Fehler, denn Kerstin kehrte ganz begeistert zurück und erzählte aufgeregt von all dem bunten Treiben unter Wasser, insbesondere von ein paar kleinen Haien, die die Schnorchler begleiteten.

Ein wilder Ritt durch Wind und Regen

Bald machten wir uns aber wieder auf den Weg. Wir hatten den südlichsten Punkt unserer Tour erreicht und so langsam sollte es Richtung Norden, zurück zu unserem Ausgangspunkt in Phuket, gehen. Auf dem Weg dorthin gab es zum ersten Mal keinen konkreten Plan, wo wir die nächste Nacht verbringen würden. Nicht zuletzt, weil eine Schlechtwetterfront vorhergesagt war, würden wir das situativ entscheiden. 

Eine Schlechtwetterfront zieht auf

Schon bald prasselte der Regen auf das Deck. Der Wind hatte bis zur Stärke 6 aufgefrischt, die Wellen deutlich an Höhe gewonnen und überall bildeten sich Schaumkronen. Wir hatten die Segel eingeholt und unser Katamaran pflügte mit Dieselantrieb durch die Wogen, ein stetes Auf und Ab. Kerstin und ich hatten uns für solche Fälle vorsorglich mit Reisetabletten eingedeckt, aber zu unserer eigenen Überraschung war Seekrankheit – wie übrigens während der gesamten Tour – gar kein Thema. Im Gegenteil: gerade dieser kleine Rodeo-Ritt (echte Segler würden das wohl als “Kinderkram” abtun) hat richtig Spaß gemacht!

Zusammen mit anderen Booten unserer Flottille erreichen wir die Ton Sai Bucht auf der Insel Ko Yao Yai.
Pure Entspannung in der Son Bai Bay

So schnell, wie die Front kam, war sie auch wieder verschwunden. Noch einmal setzten wir Segel, bevor wir am späten Nachmittag die Insel Ko Yao Yai erreichten. Während auf anderen Teilen der Insel vereinzelt ein paar kleine Siedlungen zu finden waren, war die große Son Bai Bucht an der Westküste so gut wie menschenleer und gleichzeitig gut geschützt, sollten noch weitere Schlechtwetterfronten aus Richtung Osten auf uns zukommen. Ein idealer Ankerplatz.

Wir genießen die Ruhe und nutzen die Zeit immer wieder zum Baden. Das Wasser hat fast 30 Grad.

Über Funk hatten wir bereits mitbekommen, dass es andere Besatzungen aus unserer Flottille ähnlich sahen, so dass am Abend noch ein paar weitere Boote in Sichtweite ankerten. Der Bucht war allerdings so weiträumig, dass sich das alles verlief. Wir freuten uns, nach dem hektischen Koh Phi Phi wieder einen ruhigen, idyllischen Platz gefunden zu haben und verbrachten die Zeit bis zum Sonnenuntergang damit, herrlich entspannt immer wieder zwischen Boot und Badepausen zu pendeln. 

So lässt es sich aushalten!

Bis zum Hafen in Phuket waren es kaum 20 Seemeilen. Diese Distanz würde man locker an einem Tag schaffen und wir hatten noch zwei Tage Zeit. So war die Entscheidung schnell getroffen, einen weiteren Tag an diesem schönen Fleckchen Erde zu bleiben. Wir vertrieben uns die Zeit mit Baden und setzten mit dem Dinky zu der einzigen kleinen Strandbar weit und breit über. Zwischendurch besuchten uns noch Crews anderer Boote unserer Flottille und halfen dabei, die Restbestände an Dosenbier zu vertilgen. 

Richtung Heimathafen

So näherte sich unser Segeltörn langsam seinem Ende. Am letzten Tag brachen wir früh um 7:00 auf, setzten noch einmal die Segel und ab ging es Richtung Phuket. Nach der obligatorischen Schnorchel- und Badepause an einem einsamen Inselchen erreichten wir bereits am frühen Nachmittag unseren Heimathafen. Dort wurde das Boot technisch abgenommen, was z.B. beinhaltete, dass ein Thai lediglich mit Taucherbrille ausgerüstet im trüben Hafenwasser unter das Boot tauchte, um die Rümpfe nach Beschädigungen abzusuchen.

Abschied mit Wehmut

Nach einem Landgang mit Abendessen verbrachten wir die letzte gemeinsame Nacht auf unserer Lagoon 42, bevor wir uns am nächsten Morgen in alle Himmelsrichtungen verteilten. Jörg und Angela zog es nach Kaoh Lak und später nach Bangkok, Thomas und Claudia nahmen mit uns zusammen das Speedboat nach Koh Lanta und hängten wie wir noch eine Woche Badeurlaub dran, während es für Christine und Norbert Richtung Heimat ging. Sie hatten bereits vor dem Segeltörn fast 3 Wochen lang Land und Leute erkundet.

So unterschiedlich die Ziele auch waren, hatten doch alle sehr schöne gemeinsame Erinnerungen in ihrem Gepäck. Es war eine wunderbare Woche, die wir zusammen in einer fantastischen Landschaft verbringen durften. 

Unsere Crew: The best ever!


Kommentare

2 Antworten zu „Thailand Segeltörn 2024“

  1. Avatar von Gunda Schreiner
    Gunda Schreiner

    Hallo Peter,

    wieder eine wunderbare Erzählung! So ein Segeltörn ist schon ein Erlebnis. Aber es hörte sich doch auch nach Entspannung an. Wir haben unseren Törn in 2016 in Kroatien gemacht. Wir waren mit Skipper nur zu fünft und dementsprechend war jeder von uns arbeitstechnisch sehr ausgelastet. Außerdem war der Skipper auch der Eigner des Bootes und daher sehr „eigen“ was z.B. Rotweinflecken und dergleichen anging 😆.
    Wir haben die Woche als super schön aber auch als super anstrengend empfunden. Eine Erfahrung, die uns davon abgehalten hat, uns eine kleine Jolle am Edersee zu kaufen und den Segelschein zu machen.

    Ganz liebe Grüße nach Eschborn
    von Jürgen und Gunda.

    1. Vielen Dank ☺️ Ja, war wirklich sehr schön! Für uns zu acht auch nicht wirklich anstrengend. Das lag aber auch daran, dass die erfahreneren Segler eher gesehen haben, wenn was zu machen war. Bis ich das geschnallt hatte, war es meistens schon erledigt 😀

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